The Travel Episodes

Lettland: Reise, Wandern & Kultur

Lettland kommt für viele sicherlich nicht auf Platz eins der Reiseziele – zu Unrecht! Der „Underdog“ unter den Urlaubsländern kann mit wasserdurchzogenen Landschaften, schnuckeligen Städten, spannenden Geschichte, ulkigen Landsmännern (und –frauen) und – ja, wirklich – Braunbären aufwarten.

Welche Städte solltet ihr euch nicht entgehen lassen? Wo übernachtet ihr am schönsten? Was könnt ihr unternehmen? Welche Museen darf man nicht verpassen? Hier findet ihr alles, was ihr für eine Reise ins schöne Lettland wissen müsst.

Also, nix wie hin und laimīgu ceļu! (Das bedeutet „Gute Reise“ auf Lettisch.) :)

 

 
 

Eine Reise nach Lettland

Wenn ihr nach Lettland fahrt, solltet ihr euch auf jeden Fall vorher überlegen, welche Städte ihr gern anschauen möchtet. Aber nicht zu vernachlässigen sind auch die wunderschönen lettischen Landschaften. Bei so einem Ausflug bietet sich auch an, gleich eine Baltikum-Rundreise zu machen und dabei sowohl Nationalparks und Küstentreifen als auch schnuckelige baltische Städtchen mitzunehmen.

Hier findet ihr alle Infos, die ihr für eine gelungene Lettland-Reise braucht.

 

Städte „must see“

 

Riga

„Große Straßen, kleine Straßen – alle führen sie nach Riga“ – so besingen die Letten in einem Volkslied ihre Hauptstadt. Das klingt ja fast nach Rom … Stimmt, so zauberhaft wie Rom, nur ein bisschen weiter nördlich. Die Stadt ist stolze 800 Jahre alt und strotzt nur so vor Sehenswürdigkeiten! Wenn ihr einen Zwischenstopp in Riga einlegt, lasst euch Orte wie den Rigaer Dom, das Schwedentor, das Schwarzhäupterhaus, die Petri-Kirche und das Freiheitsdenkmal nicht entgehen. Hier findet ihr alle wichtigen Details und Infos zu einer Reise nach Riga. Ihr seid nur einen Tag in der Stadt? Dann haben wir hier super Tipps für euch:

Ein Tag in Riga – Wo essen? Was anschauen? Wohin ausgehen?
Stärkt euch mit einem leckeren Frühstück im Café „Ambiente“ – um euch dann in Rigas Zentrum zu tummeln! Shoppen kann man gut im Studio Art Bag (Handtaschen) oder im Madam Bonbon (Schuhe). Zum Mittagessen probiert am besten Grauerbsen mit Speck – lettischer geht’s nicht! Im rustikalen Restaurant „Taverna“ gibt es dazu ein Glas Sauermilch oder Kefir. Noch ein Käffchen gefällig? Im Hinterhofcafé „Ligitas Leckereien“ in der Nähe des Schwedentors kann man bei hausgemachter Torte den Vormittag Revue passieren lassen.

Einen schönen Tagesausflug könnt ihr in das mondäne Seebad Jurmala machen. Die Einheimischen fahren, sobald es warm wird, gern an diese Strände – und dann wird es natürlich ein bisschen voller … Wenn ihr es also ein wenig ruhiger mögt, dann schaut euch das Ethnologische Freilichtmuseum an. Aus unzähligen Holzhäusern hat man dort das historische Lettland in Miniatur nachgebaut. Das Museum liegt direkt an einem See – eine gute Alternative zum Meer, wo auch ein bisschen weniger los ist.

Ihr wollt doch lieber in Riga bleiben? Kein Problem, schaut euch hier unbedingt das Okkupationsmuseum an. Hier könnt ihr euch umfassend über die lettische Geschichte informieren und als Souvenir auf dem Trödelmarkt Latgalite gleich noch ein schönes Andenken shoppen. Souvenir vergessen? Macht nichts, denn in jedem Supermarkt könnt ihr eine Flasche Rigaer Balsam kaufen – die lettische Spezialität.

Auch sehenswert ist der ehemalige KGB-Bau, wo ihr alles über die lettische Geschichte unter sowjetischer Regierung erfahren könnt. Es gibt verschiedene Ausstellung, Führungen werden auch auf Englisch angeboten.

Wenn sich der Tag dem Ende nähert, wird es wieder Zeit für Gaumenfreuden. Abendessen könnt ihr sehr gut in der Galerija Istaba (Kr. Barona 31a). Der Laden ist Ausstellungsraum, Restaurant und Café gleichzeitig. Das funktioniert dann so, dass ihr euch einfach überraschen lasst, was die frischen Zutaten so hergeben …

Ihr wollt noch das Rigaer Nachtleben mitnehmen? Dann ab in den Folkklub Ala Pagrabs! Hier gibt es Live Musik, Bier und deftiges Essen. Oder versucht die Studentenkneipe GreenWood – auch hier gibt es, natürlich!, Live-Musik bis der Morgen graut.

 

Jurmala

Mondän mit viel Wasser – wenn euch das gefällt, dann ab nach Jurmala! Der Badeort am Rigaischen Meerbusen der Ostsee in Lettland wird auch „die Stadt auf der Welle“ genannt. Seit Jahrhunderten pilgern Kurgäste nach Jurmala, um sich mit schwefelhaltigem Heilschlamm behandeln zu lassen oder in heilende Mineralquellen zu hüpfen. Nicht von schlechten Eltern sind auch die 32km langen Sandstrände und passend dazu die schnuckeligen Holzhäuser. Aber auch Flanieren und Feiern sind in Jurmala absolut drin.

Jurmala-Latvia_0006

 

Ventspils

Gute zweieinhalb Stunden von Riga entfernt liegt das schöne Städtchen Ventspils. Schaut euch in Ventspils unbedingt die schöne Altstadt und das Schloss des Livländischen Ordens an! Zu der Einrichtung gehört auch ein Open-Air-Museum an der Ostseeküste, wo alles rund um das Leben der livländischen und lettischen Fischer ausgestellt ist.

 

Kuldiga (Goldingen)

… ist wirklich eine Perle in Westlettland! Der ganze Stolz der Stadt Kuldīga ist Ventas rumba — der mit seiner Breite von 240 Metern der breiteste Wasserfall Europas. Außerdem gibt es noch das ehemalige Schloss des Deutschen Ordens von 1248, was auf jeden Fall einen Abstecher wert ist.

 

Rundreise im Baltikum

Weil Lettland unter anderem an Estland und Litauen grenzt, ist es gar keine schlechte Idee, gleich eine Baltikum-Rundreise zu unternehmen, um sich mehrere Länder anzusehen.

Angebote für Rundreisen im Baltikum gibt es wie Sand am Meer! Ihr könnt gleich per Flugzeug anreisen und dann zum Beispiel von Riga aus starten. Aber auch eine Busreise oder sogar mit dem Schiff ist möglich. Hier findet ihr ein paar Anregungen für eine Rundreise im Baltikum: https://www.tui-wolters.de/reiseziel/baltikum.html

Es spricht natürlich auch gar nichts gegen den guten alten Road Trip. Klar, im Anschluss daran könnt ihr auch gleich bis St. Petersburg weiterfahren … So weit ist das dann wirklich nicht mehr ;-)

 

 

Landschaften

Kemeri-Nationalpark

Der Kemerei-Nationalpark lässt wirklich keine Wünsche offen: Für Naturfreunde wurden im Park mehrere Naturlehrpfade (der Wanderpfad am Slokas-See, der Große Steg des Ķemeru-Moores, der Pfad des Schlossbergs Kaņieris), Aussichtstürme und Vogelbeobachtungstürme eingerichtet. Übrigens: Lettland ist für Vogelfreunde ein echtes Paradies!

Haussperlinge in Riga

Es gibt hier unglaublich viele Vogelarten, wie zum Beispiel die in Lettland und in Europa seltenen Seeadler, Uhus und Regenbrachvögel. Besonders günstige Nahrungs- und Nistverhältnisse im Nationalpark Ķemeri haben Schwarzstorche (hier nisten 7 – 8 Paare), Kraniche, Wachtelkönigen (crex crex) und Schreiadler (Aquila pomarina) angelockt. An vielen Orten wird die Artenvielfalt und die Vielfalt der unterschiedlichen Biotopen durch die Tätigkeit der Biber erhöht, weswegen sich an vielen Orten der Wasserhaushalt des Gebietes stabilisiert hat. Die großen Moore bieten einen sichereren Zufluchtsort für Elche und in den weitläufigen Wäldern des Parks leben Hirsche, Wildschweine, Rehe und Wölfe.

Auf dem Gebiet des Nationalparks bildet sich wegen der Wechselwirkung des Dolomitgesteins und der weiten Moore Schwefelwasser. Deshalb gibt es hier schon seit dem 18. Jh. den Kurort Ķemeri. Es kamen Patienten aus ganz Europa, um die heilenden Eigenschaften der Schwefelwasserstoffquellen und der Schlammbäder zu genießen. Riecht zwar nicht so toll, ist aber gesund …

Außerdem gibt es hier noch mehrere Mineral- und Heiligwässer, verschiedene Ökosysteme und eine überwältigende Artenvielfalt: Hier wurden allein 897 Farn- und Samenpflanzen-, 202 Moos-, 139 Flechten- und 521 Pilzarten gefunden! Hier wachsen außerdem 25 % aller Pflanzen, die in Lettland auf der Roten Liste für bedrohte Pflanzen- und Tierarten stehen. Dazu gehören die Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris) in den feuchten Wäldern, Lonicera Pallasii, der Gelbe Frauenschuh (Cypripedium calceolus) und der Bärlauch (Allium ursinum). In den Grasmooren blühen verschiedenartige Orchideen – das Baltische (Dactylorhiza baltica), das fleischfarbene (Dactylorhiza incarnata), das blutrote (Dactylorhiza cruenta), das gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata) und das Sumpf-Glanzkraut (Liparis loeselii).

Wie der Tag in so einem Nationalpark beginnt, könnt ihr euch hier einmal ansehen:

Gauja Nationalpark

Den ältesten und mit etwa 920 km² zugleich größten Nationalpark in Lettland gibt es seit 1973. Hier befinden sich mehr als 500 kulturelle und historische Denkmäler: Burghügel, Mauerburgen, Kirchen, Landgüter, Wasser- und Windmühlen sowie andere Archäologie-, Architektur- und Kunstdenkmäler. Die meisten Touristen zieht es in die sogenannte „Vidzemes Schweiz” − die Stadt Sigulda und die mittelalterlichen Burgen Turaida sowie Cesis. Aber auch aus einer anderen Zeit gibt es hier noch etwas anzusehen: die geheimen unterirdischen Bunkers, die für die Regierung Sowjetlettlands für den Fall eines Atomkriegs vorgesehen waren. Und dann ist da auch noch das Freilichtmuseum Araisi mit einer Wasserburg aus Holz, die noch aus dem Mittelalter stammt. Euch interessieren eher Tiere als Denkmäler? Dann versucht es doch mal mit dem Naturpfad Ligatne, wo ihr mit ein bisschen Glück unterschiedliche Wildtiere sehen könnt.

 

Wandern in Lettland

Die lettische Landschaft becirct die Besucher geradezu: Wunderschöne Strände, tiefe Kiefernwälder, mystische Moore, romantische Seen und sanftes Hügelland. Das ist ein Paradies für Wander-Fans!

Die prominentesten Wanderziele sind der recht zentral gelegene Gauja-Nationalpark und das Slitere-Reservat im äußersten Nordwesten. Die Gegend um Kraslava mit dem Urstromtal der Daugava und der Nähe zu den „Blauen Seen“ (Lettgallische Seenplatte) im Südosten des Landes gehört sind auch super Gegenden für Wanderer.

In anderen Gebieten gibt es zusätzlich zur atemberaubenden Natur noch tolle Bauwerke und andere Sehenswürdigkeiten, die noch ein Extra-Schmankerl auf eurer Wandertour sind. So zum Beispiel die Gegend um Bauska mit dem traumhaft schönen Schlosspark Rundale oder der Tervete-Naturpark bei Jelgava – beides nicht allzu weit entfernt von Riga.

 

Tiere und was da kreucht und fleucht

Wie ihr oben schon gelesen habt, ist die lettische Natur nahezu paradiesisch. Und natürlich machen es sich in so einer schönen Landschaft auch haufenweise Tiere gemütlich: Hirsche, Rehe, Hasen, Schwarzwild, Füchse, Elche, Wölfe, Luchse, Biber und Wisenten – kein Scherz! Und weil Tiere sich in Lettland pudelwohl fühlen, haben es manche Tierarten auch schon bis in die lettische Mythologie geschafft: Zum Beispiel gilt der Storch noch heute bei vielen Einwohnern als Glücksbringer und als Symbol des Schutzes. Der Storch ist fast eine Art nationales Heiligtum und wird von den Letten geachtet und verehrt.

DSC_2937

Außerdem, auch kein Scherz, ist der Europäische Braunbär wieder in den Provinzen Latgale und Vidzeme anzutreffen. So gibt es im äußersten Osten des Landes, entlang der Grenze zu Russland etwa, einige Braunbären mit ausgeprägtem Jagdinstinkt. Zwar ist es sehr unwahrscheinlich, einen Bären zu treffen, aber man muss es ja nicht darauf anlegen – seid also trotzdem vorsichtig, wenn ihr in Braunbär-Regionen unterwegs seid.

 

Wann reisen? Wo übernachten? Was kostet’s?

Reist unbedingt im Sommer nach Lettland! Warum? Die Sommersonnwende am 23.6. ist in Lettland ein sehr wichtiges Fest: Die ganze Nacht lang wird getanzt, gesungen, getrunken, gegessen und gelacht. In Lettland heißt das Fest übrigens Līgo-Fest bzw. „Johannisfest“, weil Janis (Johannes) am Tag nach der Sommersonnwende Namenstag hat.

Außerdem findet alle fünf Jahre in Riga ein großes Lettische Sängerfest statt. In historischen Trachten kommen über 30.000 Musiker zusammen und feiern die eigene Kultur mit Musik und Tanz. Eine Woche lang ist in Riga Dauer-Folklore-Party! Mehr Infos dazu findet ihr unter http://www.dziesmusvetki.tv/en/

Wenn ihr nun im Sommer keine Zeit habt, lohnt sich natürlich im Dezember auch ein Spaziergang über den Rigaer Weihnachtsmarkt …

Was kostet das Leben in Lettland?

Wenn es darum geht, sich einen schönen Urlaub im Ausland zu machen, ist neben Anreise und Unterkunft natürlich noch das Geld ein ziemlich wichtiges Thema. Ein kluger Mensch hat mal gesagt, dass man die Lebenshaltungskosten einer Stadt an den Preisen für eine Straßenbahnkarte oder einer Kugel Eis ablesen kann J Übrigens: Eine Straßenbahnkarte kostet in Riga 2€. Hier (https://www.rigassatiksme.lv/en/) gibt es mehr Infos zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Seit 2004 ist Lettland Mitgliedstaat der EU und hat seit 2014 den Euro als Währung. Ihr müsst euch also nicht mit fiesen Wechselstuben herumschlagen. Die Preise sind etwas niedriger als in Deutschland, aber trotzdem annähernd gleich. Die Löhne der Letten allerdings sind nur halb so hoch sind wie in Deutschland. Bei nicht allzu hohen Ansprüchen liegen die monatlichen Kosten für Unterkunft, Lebensmittel, Bücher und Freizeit bei ca. EUR 600,- (Die Kosten in den Großstädten sind wesentlich höher als in kleineren Städten). Bei einem Urlaub, der nicht ganz so lange dauert, sind es natürlich weniger.

Wo übernachten?

Wo ihr übernachtet, wenn ihr nach Lettland fahrt, hängt natürlich ganz davon ab, wohin ihr genau fahren möchtet. Und das bedeutet auch, dass da die Preise ein bisschen höher oder niedriger sein können. Ob Jugendherberge oder Spa im schicken Jurmala – da ist wirklich alles dabei!

 
Was beachten? (Sitten, Höflichkeit, Gepflogenheiten)

Popeln in Japan, Handschlag in Indien, und Denglisch überall dort, wo man eigentlich Englisch sprechen wollte – jaja, es gibt sie überall, die Do’s und Don’t’s. Aber wie sieht es eigentlich in Lettland aus? Der „typische Lette“ (wenn es ihn denn gibt) ist nicht unbedingt super kontaktfreudig und mag vielleicht auf den ersten Blick ein wenig verschlossen wirken. Angeblich wirkt es sogar seltsam, wenn man anderen Leuten die Tür aufhält. Nichtsdestotrotz kann es ja aber nicht schaden, nett zu grüßen. Wie das geht, seht ihr unter Lettisch for runanways.

 
 

Lettisch lernen

Obwohl Lettisch weltweit nur von zwei Millionen Menschen gesprochen wird, interessieren sich viele Wissenschaftler für diese Sprache. Lettisch gilt, wie auch Litauisch, als sehr archaisch – das Litauische noch mehr als das Lettische. Obwohl Estland zum Baltikum gehört, zählt die Sprache der Esten nicht zu den baltischen Sprachen. Sie gehört zur finno-ugrischen Gruppe und ist eng mit dem Finnischen verwandt. Unglaublich, aber wahr: Ähnlichkeit gibt es im Lettischen und Litauischen vor allem zum Latein und zum Sanskrit!

Trotz der Verwandtschaft ihrer Sprachen müssen sich Letten wie alle anderen Touristen mit Englisch, Russisch oder Händen und Füßen behelfen, wenn sie im Ausland ins Gespräch kommen wollen. Es gibt einige Wörter und Formen, die sich ähneln und anhand derer sich einiges vermuten lässt – aber das trifft längst nicht auf alle zu.

Auch im Baltikum hält das Englische immer mehr Einzug, wobei allerdings die litauische Regierung versucht, dem entgegenzuwirken. Ähnlich wie in Frankreich gibt es auch in Litauen eine Kommission, die die Aussprache von Radio- und Fernsehmoderatoren überwacht und neue (litauische) Begriffe erfindet.

Und nun noch ein Schmankerl zum Thema Sprachverwandtschaft mit anderen europäischen Sprachen: Microsoft gab im Jahr 2006 seinem neuen Betriebssystem einen Namen, der leichter zu merken ist als Buchstabenkürzel oder Jahreszahlen. „Vista“, auf Spanisch „Sicht“, sollte modern und dynamisch klingen. Leider aber nicht in den Ohren eines Letten, denn wörtlich übersetzt heißt „Vista“ „Hühnchen“; im übertragenen Sinne sogar „alte Jungfer“. Jedes Mal, wenn ein Lette also seinen Windows-Rechner hochfährt, dürfte er etwas zu lachen haben …

 

Und nun zum Eingemachten: Wie bestelle ich ein Bier auf Lettisch?

Kaum zu glauben, aber wahr: Für einen Mitteleuropäer ist Lettisch tatsächlich relativ leicht zu erlernen, als es auf den ersten Blick scheint. Klare Grammatikregeln und eine zu bewältigende Aussprache machen’s möglich! Die Verben werden der Zeit, der Person, dem Modus und Aktiv-Passiv angeglichen. Die Stellung der Satzteile ist dabei relativ frei. Kleiner Haken: Die Substantive können in sieben Fällen stehen … Au Backe!

 

Einsteiger müssen sich für ihren Trip nach Lettland erstmal nur die Basics merken: Hallo, Tschüss, Bitte, Danke. Naja, und ein paar Wörtchen mehr…

 

Hallo Čau!/ Sveiki!
Guten Tag Labdien!
Tschüss Atā!
Auf Wiedersehen Uz redzēšanos!
Ja
Nein
Danke Paldies!
Bitte! Lūdzu!
Prost! Prozit!
Entschuldigung Atvainojiet, …

Hier könnte ihr euch einmal anhören, wie Lettisch gesprochen klingt.

Und das Bier?? Das geht so: „Viens alus ludzu.“ Na dann, prozit!

 

Lettlands Kultur

Tradition ist in Lettland unheimlich wichtig. Aber welche Traditionen und Feste sind eigentlich die, die man kennen oder miterlebt haben sollte? Am besten schaut ihr euch dazu mal im Ethnographischen Freilichtmuseum in Riga, wo ihr euch einen guten Überblick verschaffen könnt.

Sommersonnenwendein Lettland

Das wichtigste und wohl auch beliebteste Fest in Lettland ist das Līgo- oder Johannisfest. Nach dem Volksglauben darf man in der Johannisnacht nicht schlafen – sonst wird man den gesamten Sommer über schläfrig sein. Aber es gibt während des Fests schließlich auch andere Sachen, die deutlich interessanter sind als Schlafen: Singen, Essen, Bier trinken und Tanzen. Apropos Tanz: Habt ihr schon mal von einem Schweintanz gehört? Nein? Dann schaut euch das mal an:

Und hier geht’s zur ganzen Multimediareportage über Lettland.

Fastnacht und Wintersonnenwende

Wenn die Sommersonnwende so groß gefeiert wird, dann ist es klar, dass da die Wintersonnenwende nicht fehlen darf. Die Fastnacht markiert das Ende des Winters und wird auch mit einer großen Feier begangen: Lieder, Rodeln, eine deftige Mahlzeit (die aus einem Schweinkopf besteht!) und das Fastnachtlaufen stehen auf dem Programm. Der kürzeste Tag des Jahres wird am 22. Dezember mit einem Maskenumzug begangen. Bereits mehrere Jahre schon machen hunderte Bewohner von Riga und Besucher zum Wintersonnenwendefest einen Umzug rund um die Altstadt, in dem sie in langen Seilen eingebundene Blöcke tragen, um diese danach zu verbrennen. Auch hier wird natürlich zu Volksmusik getanzt.

Ostern in Lettland

Traditionell gehen die Letten am Ostermorgen in die Kirche – und danach (wirklich!!) wird in einer Schaukel geschaukelt, um im Sommer Mückenstiche zu vermeiden. Auch sollen Vieh und Getreide dank des Schaukelns gut gedeihen. Diese besondere Oster-Schaukel muss dann aber dem alten Glauben nach verbrannt werden, damit Hexen sich nicht auch darin schaukeln können. Der Tradition nach bekommen Jungen für das Anschubsen von den Mädchen verschiedene kleine Geschenke wie Socken, Handschuhe, Gebäck und Eier. Viele gehen auch an die Ostseeküste, um dort Vögel zu treiben. Übrigens glauben auch viele lettische Kinder an den Osterhasen …

Volksglaubein Lettland

Der Glaube an die besondere Energie von Kultstätten und deren Energieströme ist in Lettland auch heute noch sehr verbreitet. Alte Baumgruppen, einzelne Bäume, Quellen, Steinhaufen, Berge und Täler sind solche Kultstätten, die eine besondere Aura und Energie haben sollen.

Übrigens: Die Kultstätte Pokaini wird von Forschern als ein weltweit einzigartiger Ort beschrieben. Anfang der 70er Jahre befasste sich sowohl die NASA als auch das sowjetische Forschungszentrum mit Fotos, auf denen Mikrowellenstrahlungen fotografiert wurden. Die kreisartigen Strukturen hatten einen Durchmesser von 340km – und umfasste damit fast das gesamte Gebiet Lettland. Und was lag im Zentrum? Klar, die Kultstätte um Pokaiņi.

Lettische Volksmedizin

Kräutertees, Kräuter und Aufgüsse, der Aufenthalt an energetisch starken Orten, spezielle Zaubersprüche und Flüstern – in Lettland spielt dies gesundheitlich betrachtet immer noch eine große Rolle. Weisheiten von Heilern werden auch heute noch allgemein anerkannt.

Badehäuser haben nochmal einen besonderen Stellenwert in der alten lettischen Heilkunde: Die alten lettischen Badehäuser wurden als „schwarzen Badehäuser” oder Rauchbadehäuser bezeichnet, was zu den ältesten der Badehausarten zählt. Ganze sechs Stunden müssen hier die Steine vorheizen, damit die nötige Temperatur erreicht ist. Dann wird der Rauch vom innen angemachten Feuer durch das kleine Fenster herausgelassen, aber das Badehaus erwärmt

 

Geschichte Lettlands

 

Der Bärentöter Lāčplēsis

Der 11.11. ist ein wichtiger Tag in Lettland – aber nicht etwa, weil an diesem Datum die Karnevalssaison beginnt. In Lettland ist dies nämlich auch der Tag des Bärentöters Lāčplēsis. Nach dem Nationalepos lebte Lāčplēsis vor langer Zeit in Lettland und besaß Bärenkräfte. Die kamen nicht von ungefähr: Denn Lāčplēsis war der Sohn einer Menschen und einer Bärin und dazu war er auch noch von den Göttern als Nationalheld auserkoren. Der Held hat seinen Namen durch seine erste ruhmreiche Tat erhalten, wo er einem Bären mit bloßen Händen den Untekiefer aus dem Gesicht riss. (Und das war nur eine seiner Heldentaten.) Leider fiel Lāčplēsis eines Tages einer List zum Opfer: Ganz ähnlich wie der deutsche Held Siegfried wurde auch Lāčplēsis an der einzigen Stelle tödlich getroffen, an der er verwundbar war. Bei ihm waren das aber die Bärenohren … Mit seinem Tod endete laut Sage auch die Freiheit der Letten und es begannen 700 Jahre Fremdherrschaft durch den Deutschen Orden.

Heute besteht Lettland im Wesentlichen aus den vier historischen Regionen Kurland (lettisch: Kurzeme) im Westen, Livland (lettisch: Vidzeme) im Nordosten, Semgallen (lettisch: Zemgale) als schmaler Streifen zwischen Düna (lettisch: Daugava) und der litauischen Grenze sowie Lettgallen (lettisch: Latgale) im Südosten. Lettlands Grundfläche ist insgesamt kleiner als Bayern – also klein, aber fein.

 

Russisches Kaiserreich und lettische Unabhängigkeit

Lettland – oder besser gesagt: das Gebiet, das heute Lettland ist – wurde im 18. Jahrhundert an das Russische Kaiserreichangegliedert. Allerdings waren die Letten nicht ganz so glücklich mit dieser Lösung, weshalb im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Unabhängigkeitsbestrebungen laut wurden. Nach dem Ersten Weltkrieg erklärte Lettland dann am 18. November 1918 die Unabhängigkeit und konnte diese im Lettischen Unabhängigkeitskrieg durchsetzen. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das frisch gebackene Lettland vom Deutschen Reich besetzt und nach Kriegsende in die Sowjetunion eingegliedert. Dort wurde das Gebiet einer strengen Russifizierungspolitik unterzogen, was sich bis heute in Lettland bemerkbar macht.

 

Lettische Sozialistische Sowjetrepublik und das KGB-Haus

Wie in vielen Staaten, die einmal zur Sowjetunion gehört haben, ist der ehemals sowjetische Einfluss auch heute noch in Lettland zu spüren. Zum Beispiel steht in Riga das KGB-Haus, oder schlicht: „das Eckhaus“. Das Haus liegt mitten in Riga, nicht weit von den Touristenattraktionen der Altstadt. Jahrzehntelang verhörte der KGB hier Menschen, die ihm verdächtig erschienen. Heute ist das ehemalige KGB-Haus in Riga öffentlich zugänglich. Führungen gibt es hier in verschiedenen Sprachen (auf Lettisch, Russisch und Englisch) und Besucher können Kellerräume, die Verhörzimmer, Arrestzellen und Hinrichtungsstätten ansehen. Unter okupacijasmuzejs.lv findet ihr mehr Infos zu Öffnungszeiten, Preisen und den verschiedenen Ausstellungen.

DSC_3194

Hartgesottene haben tatsächlich die Möglichkeit, eine Nacht in einer der Einzelzellen zu verbringen. Das waren solche Zellen, in denen die „schlimmsten“ Querulanten eingesperrt wurden. Jene, die ihren Protest selbst im Gefängnis fortgesetzt haben. Diese doch extreme Möglichkeit, sich mit der lettischen Geschichte vertraut zu machen, hat auch Felicia Engelmann genutzt und eine Nacht allein in einer Zelle verbracht:

„Kein W-Lan, kein Handy-Netz, kein Fernseher, keine Leselampe. Die Deckenfunzel in der Zelle ist auszuschalten wie in alter Zeit: Nur von außen, mit Hilfe eines zwei Meter langen Besenstiels. Das Eisenbett ist etwas mehr als Schulterbreit. Eine Nacht im Gefängnis Karosta ist eine Nacht zum Nachdenken. Über Leid. Über Verzweiflung. Über innere Kraft.“ Reportage über Lettland

 

Zweisprachigkeit / Letten und Russen in einem Land

Die Sowjetunion setzte alles daran, kulturell und ethnisch die Russifizierung durchzusetzen – und dies macht sich noch bis heute bemerkbar und hat natürlich Spuren hinterlassen. Nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1990 wurde die russische Sprache vollständig all ihrer offiziellen Funktionen enthoben und Lettisch die alleinige Amtssprache. Aber natürlich leben bis heute Menschen in Lettland, deren Muttersprache Russisch ist. Dies stellte für die russische und weitere Minderheiten ein massives Problem dar, da sie es in sowjetischer Zeit mehrheitlich abgelehnt oder versäumt hatten, die Sprache der lettischen Bevölkerungsmehrheit zu erlernen. Auch heute ist die Integration der Minderheiten in den lettischen Staat noch ein innenpolitisches Problem.

 

Die Nichtbürger Lettlands

Es gibt in Lettland sage und schreibe eine Gruppe von Einwohnern, die als „Nichtbüger“ bezeichnet wird. Das Ganze hängt mit einem recht strengen Gesetzt von 1996 zusammen, dem zufolge Anwärter auf die lettische Staatsbürgerschaft bestimmte Kenntnisse nachweisen müssen. Das wären neben einwandfreien Lettisch-Kenntnisse zum Beispiel, dass sie sich mit der lettischen Geschichte auskennen, mit Traditionen, der Verfassung und natürlich müssen sie auch die lettische Nationalhymne können. Auswendig. Und selbstverständlich gehört auch noch das nötige Kleingeld dazu, denn die Anwärter müssen auch eine legale Einkommensquelle nachweisen können.

Wer sich dagegen entscheidet, ist ein sogenannter Nichtbürger.

Im Sommer 2014 wurden etwa 247.000 Menschen zu dieser Gruppe gezählt – das sind 11,6 Prozent der Einwohner Lettlands (1995 waren es noch 730 000). Sie besitzen kein Wahlrecht und können beispielsweise nicht als Beamte, Polizisten oder Notare arbeiten. Das lettische Menschenrechtskomitee zählte 2008 insgesamt 75 rechtliche Unterschiede zwischen Bürgern und Nichtbürgern. Nichtbürger benötigen kein Visum um in die Staaten des Schengen Abkommens reisen zu können. Im Unterschied zu den lettischen Staatsbürgern benötigen die Nichtbürger auch kein Visum um nach Russland reisen zu können.