El Nido ist wegen der unzähligen vorgelagerten Inseln und verstecken Traumstrände berühmt.
Kat beschliesst, den Rest der Strecke mit dem Bus zu fahren.
Als ich endlich alleine auf der Straße bin, lasse ich buchstäblich Freudenschreie heraus. So macht das Ganze deutlich mehr Spaß.
Über Hügel und durch Wälder arbeite ich mich ins nördliche Palawan vor. Ich halte im kleinen Städtchen Tay Tay und esse ein paar Grillspieße. Hier könnte ich tatsächlich bleiben. Ein entzückender Ort und weit und breit kein einziger Touri.
Motorradfahren – ich muss das wirklich öfter machen! Ich bin unglaublich erschöpft und doch sehr glücklich. Gerade als die Sonne spektakulär im Meer versinkt, erreiche ich Corong Corong.
Alles ist voller Backpacker, was natürlich erst mal nett ist.
Der hammer Ausblick von unserer Terrasse!
Ich habe eigentlich gar keine Lust etwas zu unternehmen, ich bin leider emotional nicht so ganz bei mir. Aber hier in El Nido kommt man um eine weitere Schnorcheltour nicht herum.
Auf einem Holzboot cruisen wir von einer wundervollen Bucht zur nächsten. Doch immer wieder trifft mich in periodischen Abständen der Trennungsschmerz. Und so liege ich, während die Anderen im Kayak das türkise Wasser erkunden, auf dem Deck des Bootes, höre vertraute Musik und heule.
. . .
Am nächsten Morgen bin ich fit und voller Tatendrang. Wir fahren Richtung Nacpan, wo es nun wirklich gar keine Straßen mehr gibt. Doch Kat bekommt schon bald wieder Rückenprobleme und ich merke förmlich, wie die Stimmung auf dem Sozius von Minute zu Minute schlechter wird. Dann verfahre ich mich auch noch. Ich persönlich finde das eigentlich jedes Mal toll.
Sie nicht.
Wir sind wie ein altes Ehepaar.
Ich kann das nicht mehr!

Als wir nachmittags nach El Nido zurückkommen, bin ich rastlos. Irgendetwas muss heute noch passieren. Ich lade mir Tinder herunter, versuche es zu verstehen, und finde dann schnell ein paar hübsche Mädels, denen ich auch gefalle. Alle drei ‚Matches‘ wollen sich in der Reggae Bar treffen. Praktisch, denke ich, und gehe noch schnell vor der Hütte schwimmen.
Erst im Wasser fällt mir wieder ein, dass ich schon mehrere Abwasserrohre gesehen habe, die direkt hier reingehen. Ich schaue mich um und bin auch tatsächlich allein…
Die Reggae Bar ist eigentlich ganz okay. Es spielt eine recht gute Band und alle sind in Feierlaune. Alle, nur ich nicht. Was zum Teufel ist eigentlich mit mir los? Es wäre zu einfach, alles nur auf Kat zu schieben. Sie ist zum Glück zu Hause geblieben. Und wir haben beschlossen, dass sie morgen alleine weiterfährt.
Doch ich bin auch ohne sie nicht ich selbst.
Ich trinke Rum-Cola aus Marmeladengläsern, um in Stimmung zu kommen. Als es gerade einigermaßen geht, bekomme ich aus heiterem Himmel schrecklichen Durchfall und schaffe es gerade noch in unsere Hütte. Vielleicht die Kloake, in der ich kurz zuvor geschwommen bin?
Nachdem es mir wieder besser geht, laufe ich noch mal zur Bar am Strand. Ich entdecke in der Menge eine der Frauen von Tinder, die mich offenbar verzweifelt sucht. Sie hat jedoch einen fast wahnsinnigen Gesichtsausdruck, sodass ich mir die Kappe tief ins Gesicht ziehe und mich an ihr vorbei zur Tanzfläche schleiche. Jetzt oder nie, denke ich.
Doch als ich gerade ein paar Tanzbewegungen gemacht habe, trete ich in ein Ameisennest.
Die Viecher zerbeißen mir die ganze Wade und jetzt habe ich wirklich die Schnauze voll. Wütend und enttäuscht stampfe ich zurück zu unserem Bungalow.
Ich sitze noch eine Weile auf unserer Terrasse und heule. Dann verbringe ich den größten Teil der Nacht auf der Toilette.

. . .
Mir geht es ziemlich schlecht am nächsten Tag, mein ganzer Körper schmerzt. Ich kann nichts essen und will nichts unternehmen. Bewölkt ist es auch schon wieder.
Zum Magenvirus hat sich noch eine depressive Verstimmung gesellt.
Ich rappele mich dennoch auf und fahre Kat zum Busbahnhof. Das war eine ganz schöne Berg- und Talfahrt mit uns beiden. Sieht sie auch so und wir lachen gemeinsam. Nach einer langen Umarmung steigt sie in den Jeepney und verschwindet im Staub.
Der Rest des Tages ist pure Qual. Ich spaziere ein wenig durch die Straßen, fahre etwas Moped, versuche zu schlafen. Abends kann ich zumindest ein paar Bananen essen.
Hätte ich die Möglichkeit, würde ich genau jetzt nach Hause fliegen.
Geradewegs ins kalte Deutschland. Ich bin seit fast drei Monaten unterwegs, und irgendwie reicht es mir gerade einfach. Die wahnsinnige Tinder-Frau schickt mir alle paar Minuten explizite Nachrichten, was mich dazu veranlasst, die App wieder zu löschen.
. . .
Es geht mir wieder besser. Glücklicherweise, denn ich habe einen langen Tag vor mir. Allerdings kündigt sich eine Erkältung an. Ich frühstücke viel und schnalle dann meinen Rucksack vorne auf mein Moped.

Leicht fiebrig kämpfe ich mich in einer zehnstündigen Fahrt zurück nach Puerto Princesa. Ich vergleiche das Foto des Tachos vom Abfahrtstag mit dem jetzigen Stand.
Ich bin tatsächlich 900 Kilometer gefahren!
. . .
Tags drauf liegt noch eine letzte Fahrt an: Etwa eine Stunde ans andere Ende der Stadt, ins Iwahig Prison. Schon am ersten Abend auf Palawan habe ich aufgeschnappt, dass man dieses Gefängnis auf eigene Faust besuchen kann. Das kann ich mir nicht entgehen lassen.
Das Gefängnis ist gleichzeitig ein Bio-Bauernhof, und viele der Häftlinge bewegen sich frei auf dem Gelände. Ich lasse mich von einem herumführen und schenke ihm zum Dank ein paar Zigaretten.
Dann folge ich ihm in den großen Saal des hölzernen Gebäudes, wo eine Gruppe von Häftlingen für Touristen Tanzchoreographien einstudiert hat.
Es stellt sich heraus, dass alle Mitglieder der Tanzgruppe Mörder sind, zum teil mehrfache. Und, dass sie wahnsinnig herzlich sind.
Ich verbringe den Rest des Nachmittags mit ihnen und sie erzählen mir ihre haarsträubenden Geschichten. Einer hat drei Leute getötet, die vorher seine Mutter vergewaltigt und umgebracht haben. Ein anderer hat kaltblütig ein befeindetes Gangmitglied abgestochen.
Viele sitzen hier schon seit mehr als fünfzehn Jahren ein. Das Tanzen aber lässt sie jeden Tag die Motivation finden aufzustehen und darüber hinwegsehen, dass ihre Kinder ohne sie aufwachsen. Für mich ein ungewöhnlicher und eindrücklicher Nachmittag.
. . .
Warum bin ich so planlos und intuitiv gereist?
Die Reise auf die Philippinen hatte sich nur durch einige unvorhergesehene Ereignisse in den Monaten zuvor ergeben, allen voran das überraschende Ende meiner Beziehung. All das hatte mich dazu bewegt, alles einfach so zu akzeptieren, wie es ist. Die Zügel aus der Hand zu geben und darauf zu vertrauen, dass das Schicksal es schon richten wird.
Die Blitzbeziehung mit Kat hat mir im Zeitraffer gezeigt, wie sich Partnerschaften entwickeln können. Oftmals habe ich zwischen uns Parallelen zu meiner gescheiterten Beziehung zu Hause erkannt.
Ich hatte mich unmittelbar nach der Trennung auf diese Reise aufgemacht, in der Hoffnung, so schneller über alles hinwegzukommen. Doch zum Einen habe ich während der Reise sehr oft an die Trennung gedacht, was einige der Reiseerlebnisse deutlich getrübt hat. Zum Anderen bekam ich, wieder zu Hause angekommen, das Gefühl, mich um drei Monate wertvoller Trennungsarbeit betrogen zu haben.
War die Reise nur eine erfolglose Flucht?
Jetzt, ein Jahr nach der Trennung, bin ich bereit, meinem Leben wieder etwas mehr Struktur zu geben. Das Reisen nach Intuition möchte ich dennoch wiederholen.
Bye bye, ihr Philippinen!
Es war intensiv mit Euch!
* * *
Leserpost
Schreib uns, was Du denkst!
Alex Sefrin on 8. November 2015
Einfach nur wunderschön!
Auf diese Art zu Reisen ist wie das Leben im Zeitraffer. Man durchlebt in nur kurzer Zeit so viele Höhen und Tiefen, unendlich viel neue Eindrücke, aber dennoch ist man irgendwie immer auf der Flucht und gönnt sich nicht die Zeit in sich hineinzuhören und Eindrücke zu verarbeiten.
Auch wenn es vielleicht nicht die perfekte Methode war, den Herzschmerz zu überwinden, es war auf jeden Fall ein unvergessliches Erlebnis, dass Dich weitergebracht hat.
Marco on 10. November 2015
Danke Dir, Alex!
Leben im Zeitraffer trifft die Sache ziemlich gut!
Lena on 8. November 2015
Hallo Marco,
ich bin gerade am „Ich, die Liebe und andere Katastrophen“ hängengeblieben. Und habe mit jedem Abschnitt mitgefiebert, mitgelacht, mitgelitten und mitgefreut. Ich habe dieses Jahr selbst das Erlebnis auf Gili Air gehabt, im Momenten der absoluten NaturSchönheit und nach körperlichen Strapazen und Entbehrungen, alles aus mir herauszuweinen.
Dein Bericht gibt mir das gute Gefühl nicht allein damit zu sein und dass es kein Frauending ist, sondern einfach nur menschlich, Gefühle zu leben, über die Stränge zu schlagen, Wege auszuprobieren, manche Grenzen zu akzeptieren und dafür andere zu öffnen.
Vielen Dank.
Nächstes Jahr März geht es auf die Philippinen.
Liebe Grüsse
Lena
Marco on 10. November 2015
Danke, liebe Lena!
Wenn man irgendetwas Gutes über Trennungen sagen kann, dann, dass sie alle Eindrücke wahnsinnig intensivieren.
Und nein, sich auf all die unterschiedlichen Gefühle, die einen zur gleichen Zeit bestürzen, einzulassen, ist auf keinen Fall nur ein Frauending!
Ich wünsche Dir ne tolle Zeit auf den Philippinen!
Liebe Grüße,
Marco
todayis Magazin on 12. November 2015
Was für ein emotionaler Artikel. Durch die Videos und die verschiedenen Kapitel fühlt es sich an als wäre man live dabei gewesen. Ich hoffe die Reise hat dir geholfen dich zu Ordnen! Ich bin auf jeden Fall gespannt auf den nächsten Bericht :)
Lieben Gruß,
Sabrina
Marco on 17. November 2015
Liebe Sabrina, das ist ein tolles Kompliment! Denn genau das möchte ich erreichen: Der Leser soll sich fühlen, als sei er direkt neben mir.
Danke und liebe Grüße!
Marco
Wibke on 12. November 2015
Phänomenal!!!
Dieses Format und vor allem die Geschichte ist wirklich einmalig klasse. Ich hatte beim Lesen fast das Gefühl dabei zu sein :-) Vielen Dank dafür!
Marco on 17. November 2015
Danke, Wibke, das freut mich sehr!!
Oli on 14. Januar 2016
Maroc, die Geschichte ist grandios!
An einigen Stellen musste ich laut lachen, besonders bei deiner ersten Begegnung mit Kat. Bei anderen Passagen konnte ich sehr gut nachvollziehen, wie du dich fühlst. Im Nachhinein ist es schon erstaunlich, wie du diesen Trip überhaupt gemeistert hast. Neues Jahr, neues Glück! Ich wünsche dir mehr Erfolg mit der Liebe und mir mehr Geschichten von dir ;)
Bestestens
Oli
Marco Buch on 14. Januar 2016
Danke Dir, Oli!! Dein Lob freut mich sehr!
Ich habe so ein Gefühl, dass weniger Liebe die besseren Geschichten hervorbringt. Was die Frage, was ich mir für 2016 wünschen soll, zu einem kleinen Dilemma macht… ;-)
Hoffe wir sehen uns mal wieder, sei es nun in der Berliner Tram oder auf einem französischen Fluss!
Liebe Grüße,
Maroc
Samira Streit on 26. Januar 2016
Hallo Marco,
in Moment mache ich noch meine Ausbildung, die dieses Jahr abgeschlossen ist. Ich war vor 4 Wochen in ein Buchladen und habe zufällig das Buch ,,The Travel Episodes“ hinter den versteckten Büchern aus dem Bereich ,,Asien“ entdeckt. Wahrscheinlich hat es dort jemand abgelegt weil diesem jemand es doch nicht so gereizt hat. Ich konnte nicht anders und musste dieses Buch kaufen.
Du musst wissen ich liebe die Welt, und habe schon für mich selbst ein Buch erstellt wo alle Länder reingeschrieben sind die ich gern einmal in mein Leben sehen möchte, darunter auch Indien Philippinen etc.
Mein Freund und ich lieben fremde Kulturen , ich besonders lerne gern leidenschaftlich Sprachen, einer meiner Hobbys.
Als ich das Buch innerhalb von 4 Tagen verschlungen habe musste ich es nochmal durchlesen und nochmal bis ich es dreimal hintereinander durchgelesen habe. Und rate mal was mir am besten gefallen hat? Dein Artikel über Philippinen. Es hat mich sehr sehr sehr inspiriert, und ich hab es zu meinen Lieblingskapitel auserkoren aus diesem Buch!!!
Mittendrin musste ich doch auch mal tatsächlich weinen, weil es mich einfach auch sehr berührt hat.
Mein Freund und ich wollen wenn wir reisen, Kinder helfen vor allem medizinisch weil ich aus einem sozialen Beruf komme. Mitten drin ist es mein größter Traum mit Kindern aus anderen Länder Kultur zu erleben und jeden von ihnen eine individuelle Zukunft zu geben.
Deswegen sind wir , mein Freund (der es natürlich auch ratzfatz verschlungen hat) durch dein Arikel noch motivierter geworden und deine Reiseorte in Philippinen stehen nun auch alle in mein Zukunftsreisebuch! Danke das du uns die Welt noch näher bringst!
Marco Buch on 3. März 2016
Liebe Samira,
Deine Worte haben mich wirklich sehr gefreut! Danke dafür!
Ich bin sehr stolz, dass ich mit meinen Worten solche Emotionen in Menschen auslösen kann.
Ich wünsche Euch weiterhin tolle Reisen!
Liebe Grüße,
Marco
Marcel on 24. November 2018
wow, kurz vorm schlafen gehen wollte ich noch etwas lesen und bin auf diesen Beitrag gestoßen.
Sehr viel und umfangreich aber so fesselnd und spannend. Danke und weiterhin für Dich alles Gute :)
Grüße Marcel von http://www.mein-mallorca.org
Nina Green on 3. April 2020
This is one of the best narratives I’ve read. Love the photos and your personal experiences are painted beautifully! It really was so accurate, it reminded me of my time in the Philippines.
Džangir on 31. Juli 2020
I really liked your way of describing experience on the road. Also, this destination is on my bucket list. I hope this corona will blow over soon and I’ll get to Asia again.
Dimitrios Fanourios Pischinas on 9. Februar 2021
You can count on the Filipinos to help mend a broken heart!
Georgia on 19. April 2021
Philippines is my favourite destination, people are so friendly and food is great.
Chris on 4. Juli 2021
Was für ein cooler Schreibstil, sehr emotional. Es macht super Spaß, deine Texte zu lesen (bzw. diesen Text). Und sie erinnern mich an wilde Backpacker-Zeiten …
Viele Sachen von den Philippinen kommen mir bekannt vor, auch wenn ich nicht ganz so kreuz und quer gereist bin. Aber ein spannendes und chaotisches Land ist es allemal …
Ich hoffe, dass es mittlerweile wieder ruhiger bei dir im Leben zu geht … ;-)
LG, Chris